«Ich musste mir überlegen, was mir im Leben am wichtigsten ist.»

Text: Cindy Wildhaber | Fotos: Michael Groer

Cindy lebte zweieinhalb Jahre selbständig in ihrer eigenen Wohnung. Als Arbeitgeberin stellte sie Personal für ihre Assistenz an. Die Schattenseiten dieses Modells bewogen sie im vergangenen Jahr, sich von ihrem Traum zu verabschieden. Sie zog in die Mathilde Escher Stiftung.

«Ich bin als Schweizerin in Kanada geboren. 2017 bin ich mit 22 Jahren in die Schweiz gekommen. Mein grösster Traum war es, so selbstständig wie möglich zu wohnen. In Kanada war das wegen meiner körperlichen Behinderung fast nicht möglich. Deshalb sind wir in die Schweiz zurückgekommen. 2022 habe ich in Walenstadt eine tolle 3.5-Zimmer-Wohnung gefunden. Nachdem Türen, Licht und Rolladen automatisiert wurden, konnte ich selbstständig kommen und gehen. Für die Grundpflege und den Haushalt waren täglich Spitex und private Assistenzpersonen da. Alles war super organisiert, neu für mich und mega cool: selbst Regeln machen, entscheiden wie die Wohnung aussehen soll, essen was du willst!

Selbständigkeit bringt Verantwortung

Mit der Selbstständigkeit kommt auch mehr Verantwortung. Jeden Monat musste ich einen Arbeitsplan für meine Assistenzpersonen erstellen. Manchmal war es schwierig, weil alle am selben Tag frei haben wollten. Manchmal meldete sich jemand in letzter Minute krank, und ich musste kurzfristig die Spitex aufbieten. Dann musste ich schon um 20 Uhr ins Bett. Jeden Monat musste ich auch Lohn machen für mein Personal. Es war zwar schnell gemacht, aber doch eine grosse Verantwortung. Ende Jahr musste ich auch AHV abrechnen. Du bist halt tatsächlich Arbeitgeberin. Das habe ich unterschätzt.

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  • In der Mathilde Escher Stiftung kann Cindy darauf vertrauen, dass die nötige Assistenz gewährleistet ist.

  • In der Mathilde Escher Stiftung kann Cindy darauf vertrauen, dass die nötige Assistenz gewährleistet ist.

  • In der Mathilde Escher Stiftung kann Cindy darauf vertrauen, dass die nötige Assistenz gewährleistet ist.

Das Schwierigste war jedoch, Assistenzpersonal zu finden. Walenstadt ist ein kleines Dorf, und auf meine Inserate kamen nur wenige Bewerbungen. Ich hatte nur vier Stunden Assistenz pro Tag zur Verfügung. Es war schwer, jemanden für die kurzen Arbeitszeiten zu finden.

Ein Platz in der Stiftung

Mit der Zeit merkte ich, dass meine Psyche litt und ich an Energie und Motivation verlor. Ich wollte nur noch zu Hause bleiben, fernsehen und schlafen. So konnte es nicht weitergehen. Ich entschied, in der Mathilde Escher Stiftung zu schnuppern. Nach dieser Woche ging es mir besser und ich wusste, dass die Stiftung der richtige Ort für mich ist. Einige Monate später bekam ich die Nachricht, dass ein Platz frei geworden sei. Es war dann doch nicht einfach, mich vom Traum des selbständigen Wohnens zu verabschieden. Nach zwei Wochen Bedenkzeit war für mich der Entscheid klar: Ich zog in die Stiftung und habe es nie bereut.